Justizminister wollen Vergütungserhöhung auf die lange Bank schieben | Bundesverband der Berufsbetreuer/innen wird Druck auf Politik erhöhen

13.06.2018

    Hamburg, 13. Juni 2018 – Der BdB kritisiert die Ergebnisse der Justizministerkonferenz im Blick auf die rechtliche Betreuung. Auf ihrer Tagung in Eisenach haben die Justizminister der Länder beschlossen, eine Erhöhung der Stundenkontingente und –sätze für Berufsbetreuer an die Qualitätsdiskussion zu koppeln. Im Beschluss heißt es wörtlich, „dass auch eine zeitnahe Vergütungsanpassung qualitätsorientiert erfolgen muss und nicht isoliert von der laufenden Strukturdebatte erfolgen darf.“ Das bedeutet de facto ein Aufschieben der im Koalitionsvertrag angekündigten „zeitnahen und angemessenen“ Vergütungserhöhung.

    „Wir werden es nicht akzeptieren, dass die Politik dieses Thema und somit ihre Verantwortung auf die lange Bank schiebt“, so der BdB-Vorsitzende Thorsten Becker. „Hier geht es um Menschenrechte. Wir fordern vom Bund, mit einem konkreten Vorschlag auf die Länder zu zugehen und schnell eine Lösung zu finden.“ Der Flurschaden in der Betreuungslandschaft habe bereits eingesetzt. In einigen Regionen geben erfahrene Betreuer auf. Die Behörden haben bereits Schwierigkeiten, qualifizierten Nachwuchs zu finden. BdB-Geschäftsführer Dr. Harald Freter: „13 Jahre wurde die Vergütung der Berufsbetreuer/innen nicht mehr erhöht. Kaum ein anderer Berufsstand wird derart missachtet. Das ist nicht mehr hinnehmbar.“

    Der Verband startete eine Kampagne mit dem Titel „Baustelle Betreuung – Wir haben die Schaufel voll“. Denn seit Jahren liefert der BdB Konzepte für mehr Qualität in der Betreuung – beispielsweise einen Gesetzentwurf für eine Berufskammer als Berufsaufsicht. „Wir freuen uns, diese Konzepte endlich in einen Reformprozess einbringen zu können“, so Becker. Um die Betreuungslandschaft zu retten, müsste die Politik allerdings sofort handeln.

    Der BdB fordert, sofort den Stundensatz für alle Berufsbetreuer auf 55 Euro zu erhöhen. Außerdem sollen sie 24 Prozent mehr Stunden abrechnen können. Dabei beruft sich der Verband auf den Koalitionsvertrag, der Verbesserungen im Betreuungssystem ankündigt, und auf die aktuellen Studien des Bundesjustizministeriums, die diverse strukturelle Defizite in der rechtlichen Betreuung belegen. Der tatsächliche Zeitaufwand für eine Betreuung ist mit durchschnittlich 4,1 Stunden deutlich höher als der abrechenbare mit durchschnittlich höchstens 3,3 Stunden. Der Bruttoverdienst eines vergleichbaren im öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmers liegt dabei um 24 Prozent über dem ermittelten Einkommen eines selbständigen Berufsbetreuers.

    Andere Verbände – wie der Bundesverband freier Berufsbetreuer (BVfB) und die Bundeskonferenz der Betreuungsvereine (BuKo) – haben sich den Forderungen des BdB angeschlossen.

    Der BdB betont, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, welche Deutschland unterzeichnet hat und die im Koalitionsvertrag festgehalten ist, mit den aktuellen Rahmenbedingungen nur schwer umsetzbar ist. Thorsten Becker: „Der BdB hat bereits Berufsleitlinien und Berufsethik auf die UN-BRK hin überarbeitet und zahlreiche Maßnahmen für mehr Qualität in der Betreuung vorgeschlagen: Jetzt sind Bund und Länder in der Verantwortung!“

    Mehr Informationen: www.baustelle-betreuung.de