Beistandschaft unter Ehegatten – alle Jahre wieder

15.06.2016

In regelmäßigen Abständen taucht immer wieder der Vorschlag auf, ein gesetzliches Vertretungsrecht für Angehörige zu schaffen.

Bereits in Zusammenhang mit dem 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (das schließlich zu der Pauschalierung der Betreuervergütung geführt hat) war diskutiert worden, ein umfassendes gesetzliches Vertretungsrecht für Angehörige für den Fall der Geschäfts- bzw. Einwilligungsunfähigkeit einzurichten. Aus guten Gründen hatte dieser Vorschlag damals allerdings keine Mehrheit gefunden – es gäbe keine gerichtliche Kontrolle, stattdessen aber eine entsprechende Missbrauchsgefahr und anders als im fall einer Vorsorgevollmacht würde die Vertretungsbefugnis auch nicht auf einer bewussten Entscheidung des Betroffenen beruhen.

Im Jahr 2015 ist dieser Vorschlag dann wieder – in stark reduzierter Form auferstanden. In einem Beschluss der Frühjahrskonferenz der Justizminister hieß es damals:


„(…) 2. Die Justizministerinnen und Justizminister befürworten daneben eine Stärkung der Beistandsmöglichkeiten des Ehegatten und Lebenspartners in erster Linie auf dem Gebiet der Gesundheitssorge und in damit eng zusammenhängenden Bereichen für den Fall, dass der Betroffene weder etwas anderes bestimmt noch einen entgegenstehenden Willen geäußert hat. Der Ehegatte oder Lebenspartner sollte dabei denselben Bindungen unterliegen wie ein Vorsorgebevollmächtigter. Dies gilt insbesondere für die Bindungen an den Willen und die Wünsche seines Partners.


3. Die Beistandsmöglichkeiten des Ehegatten oder Lebenspartners sollten sich nicht allein auf die Befugnis zur Einwilligung oder Nichteinwilligung in ärztliche Maßnahmen erstrecken. Erfasst sein sollte insbesondere auch die Befugnis zum Abschluss von im Rahmen der Gesundheitssorge erforderlich werdenden Rechtsgeschäften und zur Geltendmachung von an den Krankheitsfall, Unfall oder Pflegefall geknüpften Sozial-, Versicherungs- oder Beihilfeleistungen.

4. Die Justizministerinnen und Justizminister nehmen das von der  Arbeitsgruppe der Landesjustizverwaltungen Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig- Holstein und Saarland vorgelegte Eckpunktepapier zur Kenntnis und bitten die Arbeitsgruppe, ausgehend von dieser Grundlage einen Regelungsvorschlag auszuarbeiten.“

Es soll also eine Widerspruchslösung geben – sofern der Betroffene nicht widersprochen hat, wird er im Fall der Einwilligungsunfähigkeit im Bereich der Gesundheitssorge von seinem Ehegatten vertreten. Auch dieser Vorschlag begegnet erheblichen Bedenken. Auch hier würden weder eine Missbrauchskontrolle noch eine Qualitätssicherung existieren. Zudem ist nicht belegt, dass eine solche Regelung tatsächlich zu den erhofften Einsparungen im Justizbereich führen und – wie oft behauptet – ohnehin dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen würde.

Der BdB hatte damals in einem umfangreicheren Positionspapier, das Sie von >>hier herunterladen können, seine Ablehnung dieses Vorschlags zum Ausdruck gebracht und begründet und auch sonst ist dieser Vorschlag überwiegend negativ bewertet worden.

Die Justizminister verfolgen diesen Vorschlag trotz der ablehnenden Reaktionen nun weiter, im Rahmen der diesjährigen Frühjahrskonferenz wurde die Vorbereitung einer Bundesratsinitiative beschlossen.

Wir gehen davon aus, dass der Vorschlag auch diesmal keine Mehrheit im Bundestag finden wird. Man kann allerdings nur hoffen, dass die Länder nicht versuchen werden, ihre Machtposition in der anstehenden Vergütungsdiskussion auszuspielen und eine Zustimmung zu Verbesserung der Vergütungssituation der Berufsbetreuer von der Einführung der oben geschilderten Ehegattenbeistandschaft abhängig zu machen.