Die Berufsethik des BdB bietet Berufsbetreuer*innen einen verbindlichen Rahmen für ihr professionelles Handeln. Sie formuliert die ethischen Grundsätze rechtlicher Betreuung im Kontext aktueller gesetzlicher, gesellschaftlicher und fachlicher Entwicklungen. Die Definition der Kern-, Stütz- und Risikoprozesse soll Standards für ein professionelles und verantwortungsvolles Handeln aufzeigen. Die Berufsehtik stellt die Selbstbestimmung und Teilhabe der Klient*innen in den Mittelpunkt und verankert die Betreuungspraxis fest in den Werten der UN-Behindertenrechtskonvention.
Im Zentrum der Berufsethik stehen die Achtung der Menschenwürde, Gleichberechtigung, Inklusion, Vielfalt und Barrierefreiheit. Berufsbetreuer*innen unterstützen Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen bei der Wahrnehmung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit – orientiert an deren Wunsch, Präferenz oder mutmaßlichem Willen. Auch komplexe Entscheidungssituationen, etwa beim Schutz vor Selbstgefährdung, werden ethisch reflektiert und fachlich verantwortet. Die Berufsethik betont Vertrauen, Integrität, Unabhängigkeit und persönliche Haltung ebenso wie fachliche Kompetenz, Selbstreflexion und kollegiale Kooperation. Sie fordert dazu auf, die eigenen Handlungsspielräume zu kennen, Verantwortung für Qualität zu übernehmen und sich aktiv gegen Diskriminierung und Ausgrenzung zu engagieren. Darüber hinaus bietet sie Orientierung in herausfordernden Situationen, stärkt das Vertrauen von Klient*innen und Gesellschaft und fördert ein klares professionelles Selbstverständnis in einem anspruchsvollen Berufsfeld. Die Ethik des BdB versteht sich als lebendiger Rahmen für eine menschenrechtsbasierte Betreuungskultur.
Zur Geschichte
Die Entwicklung eigener ethischer Leitlinien hat beim BdB e. V. eine lange Tradition. Bereits 2004 – zwölf Jahre nach Einführung des Betreuungsrechts – veröffentlichte der Verband erste ethische Prinzipien für das betreuerische Handeln. Parallel zur Ethik wurde damals auch die Einführung fachlicher Standards erwogen, jedoch zugunsten praxisnaher Leitlinien bewusst darauf verzichtet. Ziel war es, Orientierung sowohl in ethischen Fragen als auch in beruflichen Abläufen zu bieten – insbesondere angesichts der großen Vielfalt in der Betreuungspraxis. Die Berufsethik war damit ein zentraler Bestandteil der damaligen Bemühungen um Professionalisierung des noch jungen Berufs der rechtlichen Betreuung.
2018 wurden Ethik und Leitlinien im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention überarbeitet. Der Fokus verlagerte sich auf eine unterstützungsorientierte Betreuung: Berufsbetreuer*innen im BdB verpflichten sich seither konsequent dem Willen der betreuten Menschen und stärken deren Recht auf Selbstbestimmung. Die Weiterentwicklung griff zugleich Veränderungen im Betreuungsrecht sowie gestiegene Anforderungen an die professionelle Betreuungsarbeit auf.
Die Neufassung von 2025 stellt eine umfassende Überarbeitung dar. Anlass war zum einen das 2023 reformierte Betreuungsrecht, das die Selbstbestimmung unterstützter Personen nochmals stärker ins Zentrum rückte. Zum anderen ergab sich ein Bedarf durch den 2022 vom BdB initiierten Qualitätsentwicklungsprozess. Im Mittelpunkt dieses Prozesses steht die Entwicklung eines Qualitätsmanagement-Systems, das in Form eines digitalen Handbuchs die praktische Arbeit unterstützt – einschließlich der detaillierten Definition beruflicher Kern-, Stütz- und Risikoprozesse. Aus diesem Grund wurden Berufsethik und Leitlinien, die bislang gemeinsam behandelt wurden, nun getrennt: Die Kernprozesse werden künftig vollständig im Qualitätsmanagement-System beschrieben, während die Ethik nicht nur inhaltlich aktualisiert, sondern auch eng mit diesen Prozessen verzahnt wird.