Bundesrat vertagt Vergütungserhöhung - Berufsbetreuer/innen empört über mangelnde Anerkennung ihrer wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe

07.07.2017
    • Bundesrat

    Berlin/Hamburg, 7. Juli 2017 – „Die Länder stellen sich nicht ihrer Verantwortung für das System Betreuung. Das werten wir als Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes unserer Klienten und unserer Arbeit“, so der Vorsitzende des Bundesverbands der Berufsbetreuer Thorsten Becker nach der heutigen Sitzung des Bundesrats. Die Bundesländer hatten die Entscheidung über eine Vergütungserhöhung um 15 Prozent für Berufsbetreuer von der Tagesordnung genommen und vertagt. Zuvor hatte der Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen die Vergütungserhöhung verabschiedet.

    „Wir rechnen mit einem enormen Flurschaden, da nun noch mehr erfahrene Betreuer aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben müssen“, sagt Becker. Die Folgen werden sichtbar sein: Betreuer/innen knüpfen beispielsweise mit ihren Klienten ein engmaschiges Netz von Unterstützung, welches psychische Krisen abfängt oder gar verhindert. Diese Arbeit sichert Menschenrechte, wird aber nicht gemäß der Verantwortung, der Bedeutung und des Umfangs bezahlt.

    „Wir sind empört, dass der Bundesrat angesichts der intensiven Aufklärung und Information des Verbandes, des großen Engagements der Mitglieder und trotz vieler Zusagen von Politikern noch nicht zu einer positiven Entscheidung gekommen ist!“, sagt der BdB-Vorsitzende. Und weiter: „Die geplante 15-prozentige Erhöhung würde lediglich einen Inflationsausgleich nach zwölf Jahren bedeuten. Im zweiten Schritt hat die Politik eine Reform des Systems der Betreuung in Aussicht gestellt. Da wird es dann auch um die Zeitpauschalen gehen.“

    Die nächste Sitzung des Bundesrats nach der Sommerpause ist für den 22. September geplant. Es ist die letzte Sitzung in dieser Legislaturperiode. Thorsten Becker: „Für uns ist noch nicht aller Tage Abend. Wir werden uns in den nächsten Wochen mit verschiedenen Aktionen auf Bundes- und Länderebene weiter dafür einsetzen. Wir fordern, dass die Politik ihre Verantwortung wahrnehmen und sich an ihre Zusagen erinnern wird.“

    Die Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein lassen den BdB-Vorsitzenden hoffen: „Beide Regierungen sehen, dass eine Vergütungserhöhung für Berufsbetreuerinnen und -betreuer überfällig ist. Die neue Regierung in NRW hat das Thema in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Schleswig-Holsteins neue Justizministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack hat sich als Berichterstatterin für das Betreuungsrecht der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag intensiv für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen engagiert.“

    Der größte Verband des Berufsstandes setzte bislang auf Überzeugungsarbeit. Thorsten Becker: „Wir registrieren eine wachsende Unruhe bei unseren Mitgliedern, zu denen auch viele Betreuungsvereine zählen. Berufsinhaber und –vereine treibt die pure Existenzangst um.“

    Zahlreiche Gesprächspartner des Verbands haben signalisiert, den Abschlussbericht der Studie des Bundesjustizministeriums zur Qualität in der Betreuung abwarten zu wollen. Thorsten Becker: „Bereits der erste Teil des Berichts hat klar erwiesen, dass Berufsbetreuer deutlich mehr arbeiten als sie vergütet bekommen. Wir sind überzeugt davon, dass der Abschlussbericht außerdem belegen wird, dass unter den aktuellen Rahmenbedingungen eine Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gefährdet ist. Deutschland hat die Konvention ratifiziert. Nun müssen die Länder handeln.“