Mehr Qualität, geregelter Zugang zum Beruf, angemessene Vergütung | Große Koalition will das Betreuungsrecht strukturell verbessern

08.02.2018

    Hamburg, 8. Februar 2018 - Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen begrüßt, dass sich die neue Große Koalition an den Forderungen des Verbandes orientiert. Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, das Betreuungsrecht zu modernisieren und „unter Berücksichtigung der Ergebnisse der jüngst durchgeführten Forschungsvorhaben in struktureller Hinsicht zu verbessern.“ Der Verbandsvorsitzende Thorsten Becker: „Die Formulierungen des BdB im Koalitionsvertrag zu lesen, das ist ein erster Erfolg! Gemeinsam werden wir nun die nächste Stufe nehmen auf unserem Weg zu besseren Rahmenbedingungen für die Berufsbetreuung.“

    Wörtlich heißt es Koalitionsvertrag weiter: „Im Einzelnen wollen wir den Vorrang sozialrechtlicher Hilfen vor rechtlicher Betreuung, die Qualität der Betreuung sowie Auswahl und Kontrolle von Betreuerinnen und Betreuern, das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen („Unterstützen vor Vertreten“), sowie die Finanzierung der unverzichtbaren Arbeit der Betreuungsvereine in Zusammenarbeit mit den Ländern stärken. Für eine angemessene Vergütung der Berufsbetreuerinnen und -betreuer wollen wir ebenfalls zeitnah Sorge tragen.“

    Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen begrüßt die Initiative der zukünftigen Regierungskoalition – insbesondere im Blick auf die Themen Qualität, Zulassung zum Beruf sowie auf eine zeitnahe Vergütungsanpassung. Thorsten Becker: „Wir fordern jetzt die schnelle und konsequente Umsetzung des Koalitionsvertrages. Den Worten müssen jetzt auch endlich Taten folgen. Dazu muss der Bund umgehend  die Gesetzesinitiative ergreifen. Und auch die Länder sind in der Pflicht. Immerhin waren 13 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten an der Formulierung des Koalitionsvertrages persönlich beteiligt.“

    Elementar ist für den Verband zunächst die Forderung nach leistungsgerechter Vergütung und angemessener Arbeitszeit. Auf Grundlage der Studie des Bundesjustizministeriums zur Qualität in der Betreuung, auf die sich der Koalitionsvertrag bezieht, fordert der BdB sofort 24 Prozent mehr Zeit und 25 Prozent mehr Geld. Das sind 4,1 Stunden pro Klient und Monat sowie ein Stundensatz in Höhe von 55 Euro. Bisher stehen Berufsbetreuerinnen und -betreuern 3,3 Stunden zur Verfügung, die Arbeitsstunde wird mit maximal 44 Euro abgerechnet. Die Studie des BMJV hat belegt, dass Berufsbetreuer bereits jetzt im Schnitt 4,1 Stunden arbeiten, also pro Klient und Monat 0,8 Stunden unbezahlte Arbeit leisten.

    Thorsten Becker: „Wir nehmen die Politik beim Wort und werden darauf drängen, dass aus dem ‚wollen‘ umgehend ein ‚werden‘ wird! Ohne bessere Rahmenbedingungen für unseren Berufsstand wird das System Betreuung an die Wand fahren. Doch sind Berufsbetreuer/innen und Betreuungsvereine unverzichtbar für ein selbstbestimmtes Leben unserer Klienten.“ Im nächsten Schritt muss es um eine Reform des Betreuungssystems zu Gunsten der Qualität gehen“, so Becker. Der Verband fordert seit langem eine Berufsaufsicht und die Regelung des Berufszugangs in Form einer Kammer sowie Standards für die Arbeit. „Ziel muss die Sicherung einer qualitativ guten Betreuung für die Bürgerinnen und Bürger im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention“ sein“, sagt Thorsten Becker.

    Text des Koalitionsvertrages im Wortlaut, S. 133:

    Wir werden das Vormundschaftsrecht modernisieren und das Betreuungsrecht unter Berücksichtigung der Ergebnisse der jüngst durchgeführten Forschungsvorhaben in struktureller Hinsicht verbessern. Im Einzelnen wollen wir den Vorrang sozialrechtlicher Hilfen vor rechtlicher Betreuung, die Qualität der Betreuung sowie Auswahl und Kontrolle von Betreuerinnen und Betreuern, das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen („Unterstützen vor Vertreten“), sowie die Finanzierung der unverzichtbaren Arbeit der Betreuungsvereine in Zusammenarbeit mit den Ländern stärken. Für eine angemessene Vergütung der Berufsbetreuerinnen und -betreuer wollen wir ebenfalls zeitnah Sorge tragen.