Rechtliche Betreuung braucht Offensive für mehr Wertschätzung | SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert unterstützt Gesetzentwurf
- Betreuungsreform
Pressemitteilung | Berlin, 27. Juli 2020 – „Rechtliche Betreuung gehört in die Mitte der Gesellschaft. Berufsbetreuer/innen und ehrenamtliche Betreuer/innen unterstützen Menschen mit Betreuungsbedarf darin, ihr Leben nach eigenen Wünschen zu gestalten. Diese wichtige Arbeit wird zu wenig gewürdigt; sie braucht eine Offensive für mehr Wertschätzung“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert bei einem Treffen mit dem Bundesverband der Berufsbetreuer/innen (BdB). Die Politikerin ist seit Kurzem Berichterstatterin ihrer Fraktion für das Betreuungsrecht. In Berlin empfing sie den BdB-Vorsitzenden Thorsten Becker und BdB-Geschäftsführer Dr. Harald Freter zu einem ersten Gespräch.
Im Fokus stand der Gesetzentwurf zur Reform des Betreuungsrechts. Die Gesprächspartner/innen waren sich einig, dass der Entwurf einige wichtige Punkte enthält, die die Qualität in der rechtlichen Betreuung verbessern werden. Dazu zählt besonders die Anpassung an die UN-Behindertenrechtskonvention, wonach die unterstützte Entscheidungsfindung künftig Vorrang vor stellvertretendem oder ersetzendem Handeln hat. Der Betreuer oder die Betreuerin unterstützt Klient/innen darin, selbstbestimmt eigene Entscheidungen zu treffen. Thorsten Becker: „Das ist ein herausragender Schritt, den wir sehr begrüßen. Damit wirft die rechtliche Betreuung endlich ihren paternalistischen Ballast ab und stellt echte Unterstützung in den Mittelpunkt des Handelns. Dafür haben wir uns jahrelang eingesetzt.“ Kritisch sieht Becker jedoch die ungeklärte Frage, wie der erhebliche Mehraufwand, der nun entsteht, vergütet werden soll: „Dafür muss es eine Lösung geben. In einem ohnehin unterfinanzierten System kann dies nicht durch unbezahlte Mehrarbeit geleistet werden“, so Becker.
Positiv bewertet der Verband auch die Einführung eines bundesweiten Zulassungs- und Registrierungsverfahrens auf Grundlage der persönlichen und fachlichen Qualifikation. Harald Freter: „Ein wichtiges Ziel ist damit erreicht: Der Beruf wird endlich als Profession anerkannt. Fachliche Kriterien wurden definiert. Nun kann nicht mehr Jede/r Berufsbetreuer/in werden.“ Das neue Verfahren sei ein wichtiger Schritt, langfristig müsse jedoch ein Hochschulstudium für den Beruf qualifizieren, so Freter weiter. Thorsten Becker ergänzte: „Menschen, die eine Betreuung in Anspruch nehmen, befinden sich in einer besonders verletzlichen und sensiblen Lebenslage. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Betreuerin oder ihr Betreuer den Beruf qualifiziert ausübt.“
Wichtig war Mechthild Rawert die Zukunft der ehrenamtlichen Betreuung. Seit Jahren beobachtet der Verband einen Rückgang bei den Ehrenamtlern. Der Anteil der Ehrenamtlichen ist von 75 auf nur 50 Prozent gesunken, Tendenz weiter fallend. Ein Grund liege in der Komplexität der Aufgaben, so Thorsten Becker: „Da geben Ehrenamtliche auf, weil sie schlicht überfordert sind.“ Der Verband setze sich dafür ein, das Ehrenamt zu fördern, indem man den Laien Profis an die Seite stelle, wie dies Betreuungsvereine in ihrer Querschnittsarbeit tun. Auch freiberufliche Betreuer könnten Ehrenamtliche punktuell unterstützen. „Für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe müssen Profession und Ehrenamt gemeinsam gedacht und nicht gegeneinander gestellt werden“, so Becker. Das sieht die SPD-Politikerin ähnlich: „Ehrenamt braucht Hauptamt. Das ist bei der Freiwilligen Feuerwehr und bei den Rettungsdiensten genauso, die man sich als Vorbild nehmen kann.“
Einig war sich die Runde darin, dass der Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und Gesetz werden muss.
Auf dieser Grundlage will der BdB seine Ziele verfolgen, die Qualität in der rechtlichen Betreuung nachhaltig zu steigern. Dazu zählt auch die Einführung einer Betreuerkammer. Thorsten Becker: „Eine Berufskammer dient vor allem dem Qualitäts- und Beschwerdemanagement. In einer Betreuerkammer werden alle Berufsinhaber registriert, und somit könnte erstmals sichergestellt werden, dass alle, die den Beruf ausüben, sich qualitativen Mindeststandards unterwerfen müssen. Gute Betreuung darf nicht dem Zufall überlassen bleiben.“ Eine Kammer biete zudem die Möglichkeit, zu sanktionieren, sollten Qualitätsstandards missachtet werden – bis zum Berufsverbot.