Rechtliche Betreuung in Zeiten von Corona: Krise gefährdet Grundrechte von betreuten Menschen

16.04.2020

Pressemitteilung | Berlin, den 16. April 2020 - Bundesverband der Berufsbetreuer/innen (BdB) fordert: Bei grundrechtsrelevanten Entscheidungen müssen persönliche Anhörungen in Betreuungsverfahren weiter stattfinden.

Die Grundrechte von Menschen, die eine rechtliche Betreuung in Anspruch nehmen, müssen auch in der Corona-Krise gewahrt werden. „Bei grundrechtsrelevanten und eilbedürftigen Entscheidungen ist eine persönliche Anhörung nötig. Deshalb müssen Gerichte auch in der Krise weiterarbeiten.“ Dies fordert der Vorsitzende des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen Thorsten Becker. Zu grundrechtsrelevanten Verfahren zählen beispielsweise die Entscheidung über eine Unterbringung oder über eine Zwangsbehandlung. Auch Verfahren über die Einrichtung einer Betreuung sind aus Sicht des BdB nicht ohne einen persönlichen Eindruck vorstellbar. Bei persönlichen Anhörungen müsse selbstverständlich für den gebotenen Schutz der Beteiligten gesorgt werden.

Hintergrund ist die aktuelle Diskussion, persönliche Anhörungen in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren zu reduzieren oder ganz einzustellen, um Richter/innen und Betroffene vor Ansteckung zu schützen. Thorsten Becker gibt zu bedenken: „Selbstverständlich sind persönliche Kontakte in der aktuellen Lage auf ein Minimum zu beschränken, um Klient/innen, Richter/innnen und Berufsbetreuer/innen zu schützen. Doch ist die Gewährung des rechtlichen Gehörs ein zentraler Bestandteil jedes rechtsstaatlichen Verfahrens. Dieses Grundrecht darf nicht eingeschränkt werden!“

Die Nutzung von digitalen Kommunikationsmitteln bei Anhörungen kann im Einzelfall – solange die Corona-Krise anhält – ein sinnvolles Hilfsmittel sein. Online-Anhörungen sollten sich jedoch nicht zum Standard entwickeln, warnt der BdB-Vorsitzende: „Die Krise darf nicht dafür genutzt werden, um durch die Hintertür neue Standards einzuführen und die persönliche Anhörung abzuschaffen. Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen FamFG verlangt einen persönlichen Eindruck des Richters von dem oder der Betroffenen.“

Die Corona-Krise stellt auch Berufsbetreuer/innen vor große Herausforderungen, so Becker weiter: „Die Klient/innen können sich aber jederzeit darauf verlassen, dass wir Berufsbetreuer/innen uns dafür engagieren, dass ihre Rechte durchgesetzt und Grundrechte gewahrt werden.“