Stellungnahme

BdB-Stellungnahmen an Bundesverfassungsgericht und BMJV zum Thema ärztliche Zwangsbehandlung

Stellungnahme des BdB an das Bundesverfassungsgericht zum Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 1.7.2015 zum Thema „Zwangsbehandlung″

    Update Januar 2017: BdB-Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMJV 

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die gegenwärtige Regelung in § 1906 Abs. 3, 3a BGB verfassungswidrig ist. Die gesetzlichen Vorgaben müssen gewährleisten, dass auch solche Menschen, die sich einer Behandlung nicht mehr räumlich entziehen können, vor den Folgen ihrer Erkrankung geschützt werden können. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, für eine entsprechende Gesetzesänderung zu sorgen. Vor der Entscheidung hatte der BdB im September 2015 eine Stellungnahme an das BVerfG gerichtet. Das BMJV hat nun einen entsprechenden Referentenentwurf erarbeitet, der nach Ansicht des BdB allerdings nicht in allen Einzelheiten überzeugend ist. Dies hat der Verband in einer Stellungnahme an das Ministerium dargelegt.

    September 2015 – Stellungnahme des BdB an das Bundesverfassungsgericht zum Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 1.7.2015 zum Thema „Zwangsbehandlung″

    Es ist noch nicht lange her, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und der Bundesgerichtshof (BGH) die früheren Regelungen für eine Behandlung im Maßregelvollzug in Rheinland-Pfalz und für eine Behandlung gegen den „natürlichen Willen″ eines/einer Patient/in auf Grundlage des § 1906 BGB (umgangssprachlich auch als Zwangsbehandlung bezeichnet) als nicht mit den Anforderungen des Grundgesetzes vereinbar angesehen hatten. In Folge hat der Gesetzgeber unter anderem eine Neuregelung des § 1906 BGB geschaffen, die im Februar 2013 in Kraft getreten ist. Doch auch an der Vereinbarkeit der Neuregelung mit der Verfassung bestehen Zweifel: Es gibt Fallkonstellationen, in denen keine Möglichkeit besteht, einen Menschen, der seine Behandlungsbedürftigkeit aufgrund seiner Erkrankung nicht einsehen kann und dem schwerste Gesundheitsschäden oder sogar der Tod drohen, gegen seinen sogenannten natürlichen Willen zu behandeln – hält man sich an die Vorgaben des Gesetzgebers, müsste man die/den Klient/in im schlimmsten Fall sterben lassen und dies selbst dann, wenn im Fall einer Behandlung gute Heilungschancen bestehen würden.

    Der BGH hält die Regelung deshalb für verfassungswidrig und hat das Bundesverfassungsgericht angerufen. Das Verfahren wird beim BVerfG unter dem Az. 1 BvL 8/15 geführt, das Gericht hat inzwischen mehreren Verbänden – u.a. auch dem BdB – Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

    Der BdB ist der Auffassung, dass Mechanismen geschaffen werden sollten, die eine Zwangsbehandlung möglichst bereits im Vorfeld vermeiden können – z.B. durch Überzeugungsarbeit fachlich versierter und im Umgang mit psychisch Kranken geschulter Berufsbetreuer/innen. Für die wenigen Fälle, in denen trotzdem noch eine Zwangsbehandlung notwendig bleibt, muss die bestehende Gesetzeslücke aber geschlossen werden. Ausnahmsweise sollten in entsprechenden Fallkonstellationen dann auch Behandlungen außerhalb einer geschlossenen Unterbringung möglich sein, um der/dem Betroffenen eine mit einer Unterbringung verbundene zusätzliche Belastung zu ersparen. Keinesfalls darf das aber dazu führen, dass ambulante Zwangsbehandlungen auch in anderen Fallkonstellationen akzeptiert werden. Die Stellungnahmen zum Nachlesen finden Sie hier.