Koalitionsvertrag

Ampel ignoriert Belange von 1,3 Millionen betreuten Menschen

Berlin, 26. November 2021 – „Die Lektüre des Koalitionsvertrages hat uns überrascht. Nicht ein Satz zur Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist zu lesen. Damit ignoriert die Ampelkoalition die Belange von 1,3 Millionen betreuten Menschen in Deutschland: Ein Schlag ins Gesicht all derer, die Unterstützung in Anspruch nehmen, und der rund 16.500 Berufsinhaber*innen,“ bilanziert der Vorsitzende des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB) Thorsten Becker.

Der Verband hatte gefordert, dass die rechtliche Betreuung weiter professionalisiert wird. Für den Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatte der BdB einen Textvorschlag vorgelegt, der die Zukunft der rechtlichen Betreuung skizzierte. Grundlage waren die Antworten der künftigen Regierungsparteien auf die Wahlprüfsteine des BdB. Thorsten Becker: „SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatten vollmundige Ankündigungen und Versprechen gemacht. Nichts davon findet sich im Koalitionsvertrag“, so Becker weiter.

So hatte die SPD u.a. die Auffassung vertreten, „dass die Qualität der rechtlichen Betreuung verbessert werden kann, wenn die Qualifikationsanforderungen an die berufliche Betreuung erhöht werden. Bislang hat das Gesetz keinerlei fachliche Voraussetzungen für die Führung von beruflichen Betreuungen vorgesehen. Die SPD hat sich darum stets für einen Sachkundenachweis für Berufsbetreuer*innen eingesetzt. Das jüngst mit der Reform des Betreuungsrechts implementierte Registrierungsverfahren ist dabei ein erster wesentlicher Schritt.“

Bündnis 90/Die Grünen schrieben: „Wir GRÜNE unterstützen grundsätzlich eine stärkere Professionalisierung von Berufsbetreuung. Berufsbetreuer*innen müssen der Garant dafür sein, dass die Grundrechte der Betroffenen gewahrt werden und Dritte nicht in ihre Rechte eingreifen.“

Die FDP sagte: „Wir Freie Demokraten treten für eine leistungsgerechte Vergütung eines jeden Berufs ein. Insbesondere bei Berufen, die einer gesetzlichen Vergütung(sordnung) unterliegen, ist es wichtig, dass die Vergütung regelmäßig kontrolliert wird.“ Auch stand die FDP für eine Dynamisierung der Vergütung ein und die Evaluation der zu erwartenden Mehraufwände.

Thorsten Becker: „Von umfangreichen Ankündigungen aus Wahlprüfsteinen ist nichts in den Koalitionsvertrag eingegangen. Und das, obwohl uns aus der Arbeitsgruppe „Sicherheit und Recht“ versichert worden war, dass die Weiterentwicklung des Betreuungsrechts berücksichtigt würde. Das ist enttäuschend.“

Gegenwärtig wird die Rechtsverordnung zum Zulassungs- und Registrierungsverfahren sowie zur Sachkunde in den Arbeitsgruppen des Bundesjustizministeriums erarbeitet, in die sich der BdB einbringt. Thorsten Becker: „Das Bohren dicker Bretter sind wir gewohnt. Wir arbeiten weiter für mehr Qualität in der rechtlichen Betreuung.“ Der Verband wird sich um ein zeitnahes Gespräch mit dem designierten Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Marco Buschmann (FDP) bemühen.

Die Antworten aller Parteien auf die Wahlprüfsteine hat der Verband hier zusammengefasst: https://www.berufsbetreuung.de/der-bdb/aktuelles/wahlpruefsteine-so-antworten-die-parteien

Pressekontakt:
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Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer und Berufsbetreuerinnen (BdB e.V.) ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt.
Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde.
Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.