Gespräch mit Staatsminister der Justiz Georg Eisenreich (CSU)

Bayern ist offen für eine Überprüfung der Vergütung

„Wir können nachvollziehen, dass die Inflation rechtliche Betreuerinnen und Betreuer stark trifft und sind interessiert an belastbaren Zahlen", sagte Georg Eisenreich, Bayerns Staatsminister der Justiz (CSU) im Gespräch mit dem Vorsitzenden des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/innen (BdB) Thorsten Becker und BdB-Geschäftsführer Harald Freter.

Die Vertreter des Verbandes plädierten aufgrund der Kostenexplosionen in vielen Bereichen für einen vorgezogenen Inflationsausgleich für rechtliche Betreuer*innen. Thorsten Becker: „Viele andere Berufsgruppen können von den Entlastungspaketen des Bundes und der Länder profitieren und Kosten zumindest teilweise refinanzieren, aber rechtliche Betreuerinnen und Betreuer sind bei der Vergütung gänzlich auf den Gesetzgeber angewiesen. Die Reform des Betreuungsrechts, die zum 1. Januar 2023 in Kraft trat, stärkt die Rechte der Klient*innen. Das begrüßen wir, jedoch wäre es fatal, wenn die etablierten Strukturen und das breite Know-How der Betreuungslandschaft verloren gingen, weil Vereine und selbstständige Betreuer*innen finanziell in die Knie gehen."

Derzeit erarbeite das Institut für Freie Berufe im Auftrag des BdB einen Warenkorb für Berufsbetreuer*innen, der die Kostenentwicklungen und Auswirkungen der Inflation darlegen wird. Thorsten Becker: „Wir möchten eine faire Forderung an Bund und Länder stellen und deshalb Zahlen vorlegen, die nicht einfach aus der Hüfte geschossen sind. Die Ergebnisse werden wir im Februar vorlegen." Harald Freter betonte: „Wir möchten die Länder bitten, dem Bund zu signalisieren, dass sie bereit wären, einen Inflationsausgleich mitzutragen."

Staatsminister Eisenreich zeigte sich interessiert an den Ergebnissen des Warenkorbs. Er erklärte, dass die Landesjustizverwaltungen gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz das Anliegen der beruflichen Betreuerinnen und Betreuer auf der Grundlage der Ergebnisse des Warenkorbs prüfen werden: „Unser gemeinsames Ziel ist es, die Situation für betreute Menschen zu verbessern. Ich danke allen, die im sensiblen Bereich der Betreuung arbeiten. Ihr Engagement verdient unsere höchste Anerkennung. Es muss angemessen vergütet werden.“

Ein weiteres Thema des Gespräches war die Forderung des Verbands nach einer generellen Dynamisierung der Betreuervergütung. Wie eine Mitgliederbefragung des Institutes für Freie Berufe im Auftrag des BdB zeigt, kamen von den 17 Prozent Vergütungserhöhung, die der Gesetzgeber 2019 beschlossen hatte, im Durchschnitt lediglich 12,3 Prozent bei den Berufsbetreuer*innen an.

Thorsten Becker: „Die Evaluation der Betreuervergütung bis Ende 2024, die der Gesetzgeber 2019 beschlossen hat, ist bindend. Unabhängig von einem vorgezogenen Inflationsausgleich. Wir bitten die Länder inständig, sich zusammen mit dem Bund frühzeitig Gedanken über das Konzept der Evaluation zu machen." Bis Ende der Legislaturperiode der Bundesregierung sei nach der Evaluation nicht mehr viel Zeit, um zu handeln, so die Vertreter des Verbandes. Es sei notwendig, sich über die Gesamtstruktur der Betreuervergütung Gedanken machen. Harald Freter: „Wir würden es begrüßen, eine regelmäßige Dynamisierung der Vergütung zu sehen. Bis 2019 sind 17 Jahre ohne Vergütungsanpassung vergangen, so kann man nicht wirtschaftlich arbeiten."

Mit der Reform sind Mehraufwände wie Kennenlerngespräche, die Umsetzung der Unterstützten Entscheidungsfindung und generell höhere fachliche Anforderungen auf Berufsbetreuer*innen zugekommen, deren Vergütung noch unklar sei. Zusätzlich komme ein gravierendes Nachwuchsproblem auf den Berufsstand zu. Auch hier zeigte Georg Eisenreich Verständnis. Bayern werde mit dem Verband im Gespräch bleiben. 

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Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde.
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