Politisches Gespräch zur Reform

BdB-Landesgruppe Bayern trifft Referatsleiterinnen im Justizministerium

München, den 13. April 2022 – Übergangsfristen, Sachkundenachweis und die Vorbereitung der bayerischen Betreuungsbehörden auf die Reform sowie Fragen der Vergütung standen im Fokus eines Treffens zwischen Bundesverband der Berufsbetreuer/innen und Vertreterinnen des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz.

Gastgeberinnen waren die Referatsleiterinnen Dr. Katrin Herresthal (2.v.r.) und Dr. Julia Deufel (2.v.l.). Den BdB vertraten Landessprecher Peter Berger (links) sowie Coralie Amon-Pirgali (mittig) und Jochen Grimm (rechts), Mitglieder des BdB-Landesvorstands.

BdB-Landessprecher Peter Berger sprach das Thema Stichtag beim Sachkundenachweis an. Im Entwurf ist als Stichtag der 1. Januar 2020 definiert. Alle Betreuer*innen, die danach die Tätigkeit aufgenommen haben, müssen den Nachweis ihrer Sachkunde vorlegen: „So haben viele Betreuer*innen ihre Tätigkeit unter falschen Voraussetzungen aufgenommen, da zu diesem Zeitpunkt das Reformgesetz noch in weiter Ferne lag. Wir schlagen vor, als Stichtag den 12. Mai 2021 zu definieren – den Tag, an dem das Reformgesetz veröffentlicht wurde“, so Berger. Skepsis bei den Vertreterinnen des Ministeriums. Katrin Herresthal und Julia Deufel argumentierten, es ginge letztlich um eine höhere Qualität, da müsse man eine Grenze ziehen: „Außerdem werden die Fristen deutlich verlängert und Berufsbetreuer*innen mehr Zeit eingeräumt, um die Nachweise zu erbringen. Auch werden bereits absolvierte Weiterbildungen anerkannt.“

Der BdB wies darauf hin, dass es unbedingt erforderlich sei, gleiche Kriterien für alle festzulegen. Peter Berger: „Wir haben Sorge, dass eine Stammbehörde künftig etwas anerkennt, was eine andere Stammbehörde negiert. Damit wären Verwaltungsgerichtsverfahren programmiert.“ Wer künftig für die Zertifizierung der Anbieter von Sachkundelehrgängen mit Sitz in Bayern zuständig sei, werde noch besprochen, so die Referatsleiterinnen: „Wir befinden uns gerade noch im Abstimmungsprozess.“

Der BdB wies auch darauf hin, dass die erhöhten Anforderungen an die Betreuungsstellen im Blick auf Registrierung, Prüfung der Sachkunde oder Einbindung der Ehrenamtlichen vielfach personell noch nicht abgebildet würden. Die Vertreterinnen des Ministeriums informierten, dass man mit den kommunalen Spitzenverbänden bereits im Gespräch sei. Auch informierten Katrin Herresthal und Julia Deufel die BdB-Vertreter*innen darüber, dass Schulungen für die Betreuungsrichter*innen bereits konzipiert seien. „Auch Schulungen für Rechtspfleger*innen sind noch für diesen Sommer geplant. Die erste Fortbildung findet im Juli statt. Und zwar online, um einer möglichst großen Zahl an Rechtspflegern die Teilnahme zu ermöglichen.“, so Katrin Herresthal und Julia Deufel.

Aus Sicht des BdB erfreulich: Die sogenannte „erweiterte Unterstützung“ – also eine Unterstützung, die eine Betreuung vermeiden soll – stößt in Bayern auf großes Interesse. Herresthal und Deufel berichteten, dass sich viele bayerische Betreuungsstellen an Modellprojekten beteiligen wollen: „Derzeit werden die Ausführungsbestimmungen erarbeitet“, so Herresthal und Deufel.

Gesprochen wurde auch über die Frage der Betreuervergütung. Mit der Reform gehen Mehraufwände einher, die der BdB zwar befürwortet, weil sie der Qualität dienen, die jedoch nicht unbezahlt erbracht werden können. Die BdB-Vertreter waren sich mit dem Ministerium darüber einig, dass der durch die Reform tatsächlich entstandene Mehraufwand im Rahmen der bis 31. Dezember 2024 vorgesehenen Evaluation der Angemessenheit der Vergütung zu ermitteln ist und erst dann eine etwaige Anpassung der Vergütung politisch durchsetzbar sein wird. Die Forderung des BdB nach einem vorgezogenen Inflationsausgleich wurde von Seiten des Ministeriums als kaum durchsetzbar bewertet.

Die Runde vereinbarte, das Gespräch zeitnah fortzusetzen.

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