Berliner Staatssekretär der Justiz im Gespräch mit Bundesverband der Berufsbetreuer/innen

Die Dynamisierung der Vergütung ist sinnvoll

„Eine angemessene Vergütung und eine Dynamisierung erachten wir grundsätzlich als sinnvoll“, sagte Dr. Ibrahim Kanalan, seit August 2022 Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung im Gespräch mit Vertretern des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB). „Als Land Berlin wollen wir zunächst die Ergebnisse der Evaluation abwarten", so der Staatssekretär weiter.

Zentrales Thema des Gespräches war die Evaluation der Betreuervergütung und die Mehraufwände, die mit der Reform des Betreuungsrechts einhergehen. Den BdB vertraten Hennes Göers, stellvertretender Vorsitzender des Verbands, Geschäftsführer Dr. Harald Freter und Staatssekretär a.D. Gerd Schmitt.
Zuletzt wurde die Vergütung im Jahr 2019 erhöht. Sie soll bis Ende 2024 evaluiert werden. Der BdB fordert, dass Mehraufwände, die mit der Reform einhergehen – wie erweiterte Berichtspflichten oder Kennenlerngespräche – ebenfalls in der Evaluation berücksichtigt werden. Hennes Göers: „Die Maßnahmen der Reform unterstützen wir ausdrücklich, weil sie der Qualität dienen. Doch kann der Gesetzgeber nicht erwarten, dass wir Mehraufwände mit unbezahlter Arbeit leisten.“ Der BdB wies auch auf die finanziellen Folgen durch steigende Energiepreise, höhere Personalkosten und Inflation hin. „Wir möchten spätestens 2025 zu einer Anpassung der Vergütung kommen”, so Harald Freter. Der Zeitplan sei bekanntermaßen sehr eng: „Wenn die Bundesländer nur abwarten bzw. aufeinander oder den Bund warten, wird es nicht möglich sein, rechtzeitig eine Vergütungsanpassung zu beschließen.“ Der BdB fordert daher eine frühzeitige Verständigung zwischen Bund und Ländern auf das Konzept der Evaluation. Dabei sollten die Länder, auch Berlin, eine aktive Rolle übernehmen.
Seit April dieses Jahres ermittelt der Verband in einer Mitgliederbefragung, wie sich die Erhöhung von 2019 konkret ausgewirkt hat. Hennes Göers: „Ab Januar 2023 werden in einer zweiten Befragung die Mehraufwände untersucht, die durch die Reform auf Berufsbetreuer*innen zukommen.“ Die Studie wird vom „Institut für freie Berufe“ in Nürnberg durchgeführt. „An den Ergebnissen der Studie sind wir interessiert und für Ihre Anliegen sensibilisiert,” sagte Ibrahim Kanalan. „Dazu bleiben wir im Gespräch.”
Gegenwärtig arbeite das Land Berlin an der Umsetzung des neuen Betreuungsrechts und der Verordnung über die Registrierung von beruflichen Betreuer*innen (BtRegV). Die Verordnung regelt, unter welchen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen Berufsbetreuerinnen und -betreuer sich registrieren lassen können. Der BdB bot an, seine fachliche Expertise in Form einer Stellungnahme dazu abzugeben. Hennes Göers: „Uns wäre dringend daran gelegen, dass das Register einheitlich und in Teilen öffentlich ist. So können Klient*innen dort selbst nach Betreuer*innen suchen.“
Der BdB plädiert weiterhin für ein Hochschulstudium, das langfristig zum Beruf führen soll. Hennes Göers argumentierte: „Qualität kommt von Können und Wissen. Rechtliche Betreuung ist ein anspruchsvoller Beruf. Wir möchten, dass künftige rechtliche Betreuer*innen eine Ausbildung erhalten, die der Komplexität des Berufs gerecht wird. Das ist auch im Sinne der Justiz."

Staatssekretär Kanalan äußerte die Sorge, dass dadurch mögliche Kandidat*innen ausgeschlossen werden könnten. Die BdB-Vertreter argumentierten, dass die noch verbleibenden Kreise, die den Sachkundenachweis erbringen müssen, voraussichtlich alle Module werden absolvieren müssen, was sehr teuer werden und in der Tat einige Interessierte ausschließen wird. Abgesehen davon werde auch jetzt bei der Vergütung nach Hochschulstudium und Ausbildung differenziert – bei gleicher Voraussetzung des Sachkundenachweises.
Für die Qualitätssicherung soll nach dem Wunsch des Verbands künftig eine Kammer sorgen. Hennes Göers: „Rechtliche Betreuung ist ein Vertrauensberuf – vergleichbar mit der Tätigkeit von Ärzt*innen oder Anwält*innen. Unsere Klienten und Klientinnen befinden sich meist in höchst vulnerablen Lebenslagen. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass Betreuer und Betreuerinnen genau wissen, was sie tun und ihr Vertrauen nicht missbrauchen. Dazu dient die Kammer.“ Harald Freter ergänzte: „Wir sind der Meinung, dass nur aus dem Beruf selbst heraus fachliche Standards entwickelt werden können.“

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Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer und Berufsbetreuerinnen (BdB e.V.) ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt.
Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde.
Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.