Delegiertenversammlung

Gemeinsamer Leitantrag von Länderrat und Vorstand zur Reform des Betreuungsrechts

Hamburg, 14. September 2021 – Der BdB fordert Nachbesserungen im Reformgesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft tritt. Die Kritikpunkte sind im Leitantrag formuliert, über den die Delegierten am kommenden Freitag, 17. September, bei ihrer Versammlung in Kassel debattieren und abstimmen werden.

Grundsätzlich begrüßt der Verband das Gesetz zur Reform des Betreuungsrechts. Thorsten Becker, Vorsitzender des BdB: „Das Gesetz ist in Inhalt und Wortlaut an der UN-Behindertenrechtskonvention orientiert und macht die Wünsche der Klient*innen zum zentralen Maßstab des betreuerischen Handelns. Die Stellvertretung ist nachrangig.“ Positiv sei die Einführung eines Registrierungs- und Zulassungsverfahrens. Damit werde der Betreuerberuf erstmals als solcher anerkannt, so Becker: „Mit dem Sachkundenachweis ist erstmals die Qualifikation eines Betreuers oder einer Betreuerin Grundlage der Berufsausübung.“

Der BdB kritisiert, dass der Mehraufwand, der mit der Stärkung der Klient*innenrechte verbundenen ist, nicht gesehen und ausgeglichen wird. Zu den Mehraufwänden zählen ein obligatorisches Kennenlerngespräch vor Beginn einer Betreuung, ein Anfangsbericht und dessen Erörterung mit den Klient*innen und den Rechtspfleger*innen, differenzierte Jahresberichte, die die Sichtweise der Klient*innen abbilden, sowie die konsequente Umsetzung der unterstützten Entscheidungsfindung. Thorsten Becker: „Wir halten diese Maßnahmen für sinnvoll und unterstützen sie. Doch kann es nicht sein, dass wir diese Mehraufwände unentgeltlich erbringen.“ Der BdB fordert: „Der Mehraufwand muss im Rahmen der Evaluation des Vergütungsgesetzes von 2019 mit untersucht und durch Vergütung ausgeglichen werden.“

Einige Punkte, die der BdB in seinen Stellungnahmen zum Referenten- und zum Regierungsentwurf vorgetragen hatte, blieben unberücksichtigt und müssen, so der Verband, spätestens im Rahmen der Evaluation des Gesetzes aufgenommen werden. Dazu zählen unter anderem die Dynamisierung der Vergütung, die Abschaffung des dreigeteilten Vergütungssystems und Berücksichtigung von Dolmetscherkosten als Mehraufwand.

Zur Rechtsverordnung über den Sachkundenachweis erwartet der BdB, dass für die Zulassung zum Beruf künftig die erfolgreiche Teilnahme an einem modularisierten Sachkundekurs erforderlich wird. Thorsten Becker: „Wir verfolgen langfristig das Ziel, dass die Qualifikation für Berufsbetreuer*innen auf Hochschulniveau, etwa durch ein Masterstudium, erfolgen sollte.“

Darüber hinaus hält der Verband an der Errichtung einer Betreuerkammer als berufsständischer Selbstverwaltung fest.

Pressekontakt:
nic communication & consulting | Bettina Melzer
Tel.: 030 – 279 879 50 | mobil: 0163 – 575 1343 | bm@niccc.de | www.niccc.de


Angebot an Journalist*innen: Sie wollen einmal einen Berufsbetreuer oder eine Berufsbetreuerin in Ihrer Nähe begleiten? Sie brauchen ein Beispiel von Klient*innen, die von Berufsbetreuung profitieren? Möchten Sie eine Expertin oder einen Experten aus Ihrer Region sprechen? Oder benötigen Sie mehr Hintergrundinformationen? Rufen Sie uns einfach an. Oder schreiben Sie uns. Wir helfen gern weiter!


Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer und Berufsbetreuerinnen (BdB e.V.) ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt.
Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde.
Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.