Bayerischer Justizminister trifft Vertreter des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB)

„Rechtliche Betreuung ist relevant für unsere Gesellschaft“

„Die rechtliche Betreuung ist eine wichtige Stütze für den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft. Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer leisten eine wichtige und verantwortungsvolle Arbeit. Das Thema ist uns wichtig. Daher haben wir die Anliegen des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen bei der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts tatkräftig unterstützt.“, so Bayerns Staatsminister der Justiz und Vorsitzender der diesjährigen Justizministerkonferenz Georg Eisenreich (CSU) im Gespräch mit Vertretern des BdB.

An dem Treffen, das in den Räumen des Bundesrats in Berlin stattfand, nahmen der stellvertretende Vorsitzende des BdB Hennes Göers teil sowie BdB-Geschäftsführer Dr. Harald Freter und Staatssekretär a.D. Gerd Schmitt. Im Zentrum des Gesprächs standen das sogenannte Reparaturgesetz und der Referentenentwurf zur Betreuerregistrierungsverordnung, den das Bundesministerium der Justiz Ende März vorgelegt hat. Der BdB begrüßt grundsätzlich die Inhalte, hat jedoch auch kritische Anmerkungen. Die Forderungen des BdB und der Standpunkt des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz wurden in diesem Gespräch diskutiert.


Haltung und Forderungen des BdB:
Der Stichtag beim Sachkundenachweis ist auf den 1.Januar 2020 festgelegt. Dies schlage im Verband hohe Wellen, berichtete BdB-Geschäftsführer Harald Freter: „Alle Betreuer*innen, die danach die Tätigkeit aufgenommen haben, müssen den Nachweis ihrer Sachkunde vorlegen. Doch sind sie quasi unter falschen Voraussetzungen eingestiegen, da zu diesem Zeitpunkt das Reformgesetz noch nicht verabschiedet war. Wir bitten dringend darum, das Datum zu überdenken. Unser Vorschlag wäre, als Stichtag den 12. Mai 2021 zu definieren. Das ist der Tag, an dem das Reformgesetz veröffentlicht wurde.“
Hennes Göers ergänzte eine Bitte um Überarbeitung der Ausbildungsmodule. Grundsätzlich entspräche ein modulares System den Forderungen des BdB, so Göers: „Wir sehen positiv, dass Kenntnisse und Qualifikationen, die Kandidat*innen mitbringen, anerkannt werden und sie ‚nur‘ noch die fehlenden Module belegen müssen.“
Jedoch seien die Module in erster Linie juristisch ausgerichtet. Zu kurz kämen beispielsweise Methoden zur Kommunikation mit Klient*innen: „Die Menschen befinden sich in besonders vulnerablen Lebenslagen. Die Kommunikation mit ihnen ist essenziell für eine gelungene Betreuung. Die Kommunikation etwa bei der ‚Unterstützten Entscheidungsfindung‘ muss erlernt werden. Dafür braucht es die passenden Module.“
Der BdB bedauert darüber hinaus, dass beim Sachkundenachweis kein Praktikum vorgesehen sei. Der Verband empfiehlt, den erfolgreichen Abschluss eines Sachkundekurses mit dem erfolgreichen Absolvieren eines Praktikums z.B. in einem Betreuungsbüro zu verknüpfen. Der zeitliche Umfang sollte dabei mindestens drei Wochen betragen. Auch müsse die Organisation eines Betreuerbüros als Teil von Qualität abgebildet werden. Dies komme ebenfalls zu kurz.

Der BdB hält ein öffentliches Register oder ein Verzeichnis von zugelassenen Berufsbetreuer*innen für nötig. Hennes Göers: „Ein Register kann verhindern, dass ein Betreuer, der im Bezirk A die Zulassung verloren hat, sich einfach im Bezirk B wieder um Zulassung bemühen kann. Ein Register sorgt für Transparenz und dient am Ende der Qualität. Denn es hilft, schwarze Schafe zu erwischen.“
Ein großes Anliegen ist dem BdB die Frage der Betreuervergütung. Zuletzt wurde sie 2019 erhöht und soll bis Ende 2024 evaluiert werden. Der Verband fordert, dass Mehraufwände, die mit der Reform einhergehen – wie erweiterte Berichtspflichten oder Kennenlerngespräche – ebenfalls in der Evaluation berücksichtigt werden. Hennes Göers: „Die Maßnahmen unterstützen wir ausdrücklich, weil sie der Qualität dienen. Doch kann der Gesetzgeber nicht erwarten, dass wir Mehraufwände mit unbezahlter Arbeit leisten. Deswegen muss die Evaluation ermitteln, wie hoch die Aufwände tatsächlich sind.“
Zusätzlich wird der BdB in einer Befragung seiner Mitglieder untersuchen, wie sich die Vergütungserhöhung von 2019 konkret ausgewirkt hat. Die Befragung startete bereits im April. Ab Januar 2023 werden in einer zweiten Befragung die Mehraufwände aufgrund des Reformgesetzes untersucht. Die Studie wird vom „Institut für freie Berufe“ in Nürnberg durchgeführt.
Das Gespräch soll fortgesetzt werden.

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Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer und Berufsbetreuerinnen (BdB e.V.) ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt.
Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde.
Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.