Insgesamt positiv, geht aber nicht weit genug | BdB nimmt Stellung zu Gesetzentwurf zur Reform des Betreuungsrechts

10.08.2020
  • Portrait Thorsten Becker

Hamburg, 10. August 2020 –  „Wir bewerten den Gesetzentwurf insgesamt positiv“, sagt Thorsten Becker, Vorsitzender des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/innen, über den Gesetzentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts. „Er enthält viele wichtige Punkte, die die Qualität der rechtlichen Betreuung verbessern.“ Insbesondere die Anpassung des Betreuungsrechts an die Maßgaben der UN-Behindertenrechtskonvention begrüße der Verband ausdrücklich. Unterstützte Entscheidungsfindung wird im Entwurf ausdrücklich vor die Rechtsvertretung gestellt: „Dafür setzen wir uns seit Jahren ein. Aufgabe der Betreuer/innen ist es, ihre Klient/innen darin zu unterstützen, selbstbestimmt eigene Entscheidungen zu treffen“, so Thorsten Becker weiter. Deshalb seien auch die vorgesehenen Maßnahmen wie das Kennenlerngespräch und die Einbindung der Klient/en in den Jahresbericht richtige Schritte.

Im Gesetzentwurf steht allerdings nichts dazu, wie der dadurch entstehende Mehraufwand vergütet wird. Hier sieht der BdB Nachbesserungsbedarf. „Der Mehraufwand muss selbstverständlich vergütet werden. Niemand kann von den Berufsbetreuer/innen erwarten, dass sie unbezahlte Mehrarbeit leisten. Dafür muss es eine Lösung geben“, fordert Thorsten Becker. Der BdB hat in seiner Stellungnahme eine erste Berechnung aufgestellt, wieviel Mehraufwand auf Berufsbetreuer/innen durch die Maßnahmen zukommt und wird Vorschläge erarbeiten, wie das Gesetz umgesetzt werden kann.

Positiv bewertet der Verband, dass der Gesetzentwurf die Einführung eines Zulassungs- und Registrierungsverfahrens auf Grundlage persönlicher und fachlicher Eignung vorsieht. „Dies ist ein wichtiger erster Schritt. Damit wird die Profession Betreuung seit ihrem Entstehen vor fast 30 Jahren erstmals als Beruf anerkannt. Der Gesetzentwurf erkennt an, dass Betreuung ein anspruchsvoller Beruf ist, der eine hohe fachliche und persönliche Qualifikation erfordert, und stellt sicher, dass nicht jeder/r Berufsbetreuer/in werden kann“, betont BdB-Geschäftsführer Harald Freter.

Langfristig müsse aber ein Fachstudium als Voraussetzung für den Beruf festgelegt werden. Dazu Thorsten Becker: „Die Menschen, die eine Betreuung in Anspruch nehmen, befinden sich in einer besonders verletzlichen und sensiblen Lebenslage. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Betreuerin oder ihr Betreuer den Beruf qualifiziert ausübt.“ Darum wird der BdB auch weiterhin für die Einführung einer Berufskammer eintreten, die sicherstellt, dass alle Berufsbetreuer/innen qualitative Mindeststandards erfüllen. Dieser Punkt hat im vorliegenden Gesetzentwurf keine Berücksichtigung gefunden.

Der Verband fordert, dass der Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll. Am 23. September wird das Kabinett über den Gesetzentwurf beschließen, anschließend beginnt das parlamentarische Verfahren. Der BdB wird weiter politische Gespräche führen, um seine Position zu erläutern.

Exklusiv für BdB-Mitglieder: Online-Präsentation zum Reformprozess

Unser Vorsitzender Thorsten Becker wird am 25. September 2020 von 10 bis 12 Uhr eine Online-Präsentation zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens geben. Weitere Informationen finden Sie im Mitgliederportal meinBdB unter dem folgenden Link: https://www.meinbdb.de/appointments/5f1973a8891868450a898a9e . Für alle, die am Termin nicht teilnehmen können, stellen wir im Anschluss die Aufzeichnung der Präsentation ein.

Zudem lesen Sie in der nächsten bdbaspekte ab dem 1. Oktober einen ausführlichen Fokus-Artikel zum Gesetzentwurf – als Mitglied auch online auf meinBdB (https://www.meinbdb.de/pages/bdbaspekte)