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Der BdB im Gespräch mit Brandenburgs Justizminister Dr. Benjamin Grimm

„Unverzichtbare Arbeit: Wertschätzung für Betreuerinnen und Betreuer“

„Betreuerinnen und Betreuer leisten in unserem Land eine wichtige Arbeit, die von uns sehr geachtet wird. Mir ist bewusst, dass sich Wertschätzung auch in einer entsprechenden Vergütung widerspiegeln muss.“ Dies sagte Brandenburgs Minister der Justiz und für Digitalisierung Dr. Benjamin Grimm im Gespräch mit Vertreter*innen des Bundesverbands der Berufsbetreuer*innen (BdB) in Potsdam.
©Steven Ritzer
Brandenburg Beruf Betreuung Vergütung

Zentrale Themen waren die anstehende Reform der Betreuervergütung, die dazu geplante Evaluation sowie die zum Teil stark verzögerte Begleichung von Vergütungsanträgen im Land Brandenburg.

Am Gespräch nahmen auf Seiten des BdB teil: BdB-Landessprecherin Franka Rump, Geschäftsführer Dr. Harald Freter sowie die weiteren Vertreterinnen der Landesgruppe Brandenburg Katrin Kühne und Dietlind Blumenthal. Der Minister wurde begleitet vom zuständigen Referatsleiter Wolfram Grepel und Ilvy Berghänel.

BdB fordert nachhaltiges Vergütungssystem

BdB-Geschäftsführer Harald Freter unterstrich die strukturelle Unterfinanzierung des gesamten Systems: „Seit Jahrzehnten ist das System rechtlicher Betreuung chronisch unterfinanziert. Es ist insgesamt zu wenig Geld im System. Wir brauchen eine nachhaltige, leistungs- und verantwortungsgerechte Vergütung, wie sie der Koalitionsvertrag vorsieht.“

BdB-Landessprecherin Franka Rump betonte: „Ich bin seit 30 Jahren Berufsbetreuerin und seit 25 Jahren ist die Vergütung das ungelöste Dauerthema.“

Der Verband schlägt eine einheitliche Fallpauschale vor, auch um den bürokratischen Aufwand einzudämmen und Gerichte zu entlasten. Harald Freter: „Die Differenzierungen – beispielsweise nach Heim oder Wohnung – machen keinen Sinn. Die Aufwände unterscheiden sich kaum. Wir schlagen eine Fallpauschale von 426 Euro pro Klient*in und Monat vor auf Grundlage eines Stundensatzes in Höhe von 86,55 Euro. Das bildet aus unserer Sicht nach unabhängigen Berechnungen den tatsächlichen Aufwand von rund fünf Stunden pro Monat und Klient*in ab und entspricht den Fachleistungen im sozialen Bereich.“

„Im Jahr 2026 wird der Haushaltsansatz, unter den die Betreuervergütung fällt, im Land Brandenburg mit rund 60 Millionen Euro zu Buche schlagen“, gab Justizminister Dr. Grimm zu bedenken. „Die vom BdB errechnete Monatspauschale würde die Ausgaben für die Betreuervergütung auf 120 Millionen Euro erhöhen – mehr als wir im Grundbetrag für Richterinnen und Richter sowie Beamtinnen und Beamte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und den Staatsanwaltschaften veranschlagen. Haushalterisch wäre das ein Problem“, so Dr. Benjamin Grimm weiter. Dies zeige, so Harald Freter, wie wenig jahrzehntelang in das System Betreuung investiert worden sei: „Wir wissen, dass wir ein großer Posten im Haushalt der Bundesländer sind. Jedoch: Wir hatten zwischen 2005 und 2019 keinerlei Erhöhung, fast 15 Jahre lang. Es ist viel nachzuholen. Ja, es ist eine Verdopplung, doch halten wir sie für gerechtfertigt.“ 

Evaluation in Vorbereitung

Zur geplanten Evaluation sagte Justizminister Dr. Grimm: „Am 1. Januar 2026 treten neue Regeln in Kraft, die 2023 und 2024 als große Reform erarbeitet wurden. Die Veränderungen sollen durch die Evaluation überprüft werden, damit wir am Ende belastbare Zahlen bekommen. Wir bringen uns aktiv in den Evaluationsprozess ein, damit das Ganze seriös durchgeführt werden kann.“

Der BdB bittet Bund und Länder dringend, sich zeitnah über das Konzept der Evaluation zu verständigen. Harald Freter: „Die letzte Evaluation ging von einer unzutreffenden Grundlage aus – dem festangestellten und tariflich bezahlten Vereinsbetreuer. Für die kommende Evaluation fordern wir eine breite Datenerhebung, die die Realität der selbstständig tätigen Berufsbetreuer*innen berücksichtigt, die mehr als 80 Prozent der Berufsinhaber ausmacht. Der BdB wird zudem selbst eine eigene Mitgliederbefragung durchführen und belastbare Daten beisteuern.“

Die Reform der Betreuervergütung ist von zentraler Bedeutung. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen geben Betreuer*innen ihre Büros auf und auch Vereine können ihre tariflich Angestellten kaum noch refinanzieren. Dietlind Blumenthal leitet den Betreuungsverein Kyritz: „Wir haben Personalkosten in Höhe von 185.000 Euro. Die Vergütung deckt nur knapp die Personalkosten. Nur dank der zusätzlichen Förderung durch das Land könnten wir den Verein über Wasser halten. In anderen Bundesländern müssen Vereine bereits schließen, die eine wichtige Arbeit bei der Unterstützung von Ehrenamtlichen leisten.“

Offene Rechnungen belasten Betreuungsbüros

Ein weiteres Thema waren die teils erheblichen Außenstände bei der Begleichung der Vergütungsanträge. So berichteten Franka Rump und Katrin Kühne von offenen Rechnungen in fünfstelliger Höhe: „Ob die Begleichung der Vergütungsanträge sich stark verzögert oder gut funktioniert, ist vor allem abhängig von einzelnen Amtsgerichten und von handelnden Personen“, berichtete Franka Rump. Katrin Kühne ergänzte: „Wir haben eine Abfrage in der Landesgruppe durchgeführt. In Eberswalde läuft es schlecht, in Brandenburg und Potsdam hingegen gut. In Zossen und Luckenwalde hängt es von den Rechtspflegern ab. Frankfurt/Oder schnitt vergangenes Jahr besonders schlecht ab. Doch hat sich nach intensiven Gesprächen und Berichterstattung in den Medien die Lage deutlich gebessert.“

Justizminister Dr. Benjamin Grimm bat den BdB um eine Liste der betroffenen Gerichte, um beim Oberlandesgericht auf zügige Bearbeitung hinzuwirken. Ein Austausch zu dem Thema finde derzeit auch auf Bund-Länder-Ebene statt. Geprüft werde, ob die Dauervergütung eine Lösung sein könnte.

Gemeinsamer Wille zur Zusammenarbeit

Abschließend hob Minister Dr. Grimm die gute Gesprächsatmosphäre hervor: „Wir haben heute festgehalten, dass wir uns auf eine gute Zusammenarbeit miteinander einlassen wollen. Das ist ein positives Ergebnis dieses Gesprächs.“

Mehr Informationen: www.berufsbetreuung.de | LinkedIn | BdB-Vergütungskampagne

Pressekontakt:
nic communication & consulting | Bettina Melzer
Tel.: 030 – 34 66 19 41 | mobil: 0163 – 575 1343 | bm@niccc.de | www.niccc.de
 

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Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen e.V. (BdB) ist mit rund 8.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes Betreuung. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt. Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde. Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.