Zwangsbehandlungen

Neues Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht

Auf einen Vorlagebeschluss des BGH (XII ZB 459722 v. 8.11.2023) hin beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht in einem Normenkontrollverfahren erneut mit Einzelheiten der Vorgaben für eine sogenannte Zwangsbehandlung.
15.05.2024
  • Kay Lütgens

In diesem Verfahren geht es darum, ob eine sogenannte Zwangsbehandlung entgegen den ausdrücklichen Vorgaben in dem für das konkrete Verfahren noch maßgeblichen § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB aF (jetzt in dem wortgleichen § 1832 Abs. 1 Nr. 7 BGB geregelt) in Ausnahmefällen auch in einer Einrichtung zulässig sein muss, in der die betroffene Person untergebracht ist. Es geht um Fallkonstellationen, in denen auch dort die gebotene medizinische Versorgung einschließlich einer verspäteten erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt und mit einer Zuführung in ein Krankenhaus weitere Gesundheitsbeeinträchtigungen verbunden wären. In dem diesem Verfahren zugrunde liegenden Fall hatte die Betroffene auf notwendige Zwangsbehandlungen in einem Krankenhaus regelmäßig mit einer Retraumatisierung reagiert.

Verbreitet wird allerdings befürchtet, dass erste Ausnahmen vom Verbot einer sogenannten ambulanten Zwangsbehandlung zu einer Art „Dammbruch“ führen würden. So lehnt z.B. der BGT in einer Stellungnahme jede Lockerung strikt ab.

Andererseits bedeutet dies letztlich, dass einzelne Menschen im Interesse der Mehrheit quasi „geopfert“ werden, in diesem Fall also einzelne Personen den Strapazen einer Zuführung und den sich daraus ergebenden zusätzlichen gesundheitlichen Nachteilen ausgesetzt werden, um eine Ausweitung der sogenannten ambulanten Zwangsbehandlung im Interesse Dritter zu vermeiden. Die Rahmenbedingungen sind auch gerade so gestaltet, damit gegenüber der Beantragung bzw. Genehmigung einer Zwangsbehandlung eine möglichst hohe Hemmschwelle besteht. Zum Teil wird deshalb auch gefordert, dass ambulante Zwangsbehandlung grundsätzlich zulässig sein sollen, so plädiert z.B. der BVfB dafür, Zwangsbehandlungen sogar in der eigenen Wohnung zuzulassen.

Der BdB sieht das in seiner Stellungnahme differenzierter und kann sich eine Lockerung der jetzt geltenden Regelungen allenfalls unter sehr engen Voraussetzungen vorstellen. Es müsste dann z.B. gewährleistet sein, dass u.a. durch den Einsatz speziell fortgebildete Betreuer und Verfahrenspfleger solche Zwangsbehandlungen auf ein unvermeidbares Minimum beschränkt bleiben.