Landgericht Hamburg

Unbequeme Betreuer*innen – ein Grund für eine Entlassung?

Betreuer*innen müssen sich an den Interessen ihrer Klient*innen orientieren. Und dazu gehört es manchmal auch, Vorschläge Dritter kritisch zu hinterfragen. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn es Vorschläge von „Autoritäten“ wie z.B. Ärzt*innen oder einer Heimleitung sind.
08.02.2021

    Nun kann dies für das Betreuungsgericht mit Arbeit verbunden sein, etwa, weil sich Dritte über einen Betreuer oder eine Betreuerin beschweren oder ein*e Betreuer*in sich in heiklen Situationen an das Betreuungsgericht wendet und um Rat fragt (was in Anbetracht der §§ 1837 Abs. 1, 1908i Abs. 1 BGB durchaus legitim ist).

    Was aber ist davon zu halten, wenn das Betreuungsgericht den*die Betreuer*in dann entlässt, weil er einfach unbequem ist? Einen solchen Fall hatte das Landgericht Hamburg zu entscheiden. Das Amtsgericht hatte einen Betreuerwechsel beschlossen – in Absprache mit dem Arzt, der Gutachterin und der Verfahrenspflegerin, aber ohne Beteiligung des bisherigen Betreuers und gegen die ausführliche Stellungnahme der Betreuungsstelle.

    Das LG stellt dazu fest, dass dies – solange das Vorgehen des Betreuers halbwegs nachvollziehbar ist und in Zusammenhang mit Auseinandersetzungen die äußere Form gewahrt wird – nicht zulässig ist. In seiner Entscheidung vom 30.10.2020 mit dem Az. 301 T 314/20 führt das LG Hamburg dazu aus: 


    „… Gemäß § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt.

    (…) liegen hier hinreichend konkrete Tatsachen, die eine Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Betreueramt rechtfertigen könnten, nicht vor. Greifbare Fehler des Beschwerdeführers sind nicht ersichtlich. Gerügt worden war u.a., dass der Beteiligte zu 2) sich über eine fachärztliche Stellungnahme hinweggesetzt habe, es im Laufe der Betreuung an der nötigen Distanz hat fehlen lassen und letztlich zu engagiert aufgetreten sei. Diese Vorwürfe können hier keine Entlassung aus wichtigem Grund rechtfertigen.

    (…) Grundsätzlich haben es die Beteiligten des Betreuungsverfahrens, aber auch Ärzte und Gutachter allerdings ohnehin hinzunehmen, das die Tätigkeit eines Berufsbetreuers auf sehr unterschiedliche Art und Weise ausgeübt werden kann. In welcher Intensität und Häufigkeit ein Betreuer etwa ungefragt dem Gericht (von ausdrücklichen Anfragen des Gerichts natürlich abgesehen) berichtet oder ärztliche Bekundungen hinterfragt, kann solange keine Bedeutung für seine Eignung haben, wie dieses Verhalten auf das Wohl des Betroffenen erkennbar ohne nachteiligen Einfluss bleibt. Wegen der großen Komplexität der hier vorliegenden Betreuung (...) sind fachlich begründete Streitigkeiten, die die äußere Form wahren, im Sinne einer möglichst sachgerechten Behandlung der Betreuungsangelegenheiten auch vom Gericht hinzunehmen. Keinesfalls ist § 1908b BGB dazu geeignet, anstrengende oder fordernde Betreuer gegen willfährige auszutauschen. Es entspricht im Übrigen eher dem Eindruck der Kammer, dass es Betreuer (wie auch Bevollmächtigte) mitunter schwer haben, in den Kliniken hinreichend wahrgenommen zu werden. …“