Grundsätzliche Zustimmung, doch es gibt kritische Punkte

BdB nimmt Stellung zur Verordnung über Betreuerzulassung

Hamburg, den 12. April 2022 – Verbandsvorsitzender Thorsten Becker: „Mit der Betreuerzulassung wird nach langer Verspätung nun erstmals anerkannt, dass Betreuung ein Beruf ist. Gut finden wir, dass für den Nachweis der Sachkunde ein modularisierter Kurs vorgesehen ist und bereits vorhandene Kenntnisse angerechnet werden können.“

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat Ende März seinen Referentenentwurf zur Verordnung über die Betreuerzulassung vorgelegt. In einer Stellungnahme zum Entwurf begrüßt der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen (BdB) viele der Vorschläge, die aus seiner Sicht in die richtige Richtung gehen. Der Verbandsvorsitzende Thorsten Becker sagt: „Mit der Betreuerzulassung wird nach langer Verspätung nun erstmals anerkannt, dass Betreuung ein Beruf ist. Gut finden wir, dass für den Nachweis der Sachkunde ein modularisierter Kurs vorgesehen ist und bereits vorhandene Kenntnisse angerechnet werden können.“ Doch hat der BdB Schwachstellen an einigen Punkten ausgemacht. „Wir hoffen, dass in der letzten Phase des Verordnungsgebungsverfahrens noch ergebnisoffene Diskussionen und Anpassungen möglich sind“, so Becker weiter.

Die geplanten Anforderungen an die Sachkunde fallen nach Ansicht des BdB sowohl qualitativ als auch quantitativ zu gering aus. So seien im Referentenentwurf Sachkundelehrgänge von lediglich 360 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten vorgesehen. Thorsten Becker: „Das ist zu wenig und wird einem derart verantwortungsvollen und komplexen Beruf nicht gerecht. Wir halten mindestens 480 Unterrichtsstunden für nötig.“
 
Auch bemängelt der Verband, dass die Mehrheit der Module in erster Linie juristisch konzipiert seien. Thorsten Becker: „Rechtliche Betreuung besteht nicht nur aus Betreuungs- und Sozialrecht und ein bisschen Kommunikation. Diese Sichtweise unterschlägt wichtige Schlüsselkompetenzen, die für eine professionelle Ausübung des Berufs zwingend notwendig sind. Dazu zählen wir Methoden der Selbstreflexion und -evaluation, das Erkennen von Interessenskonflikten, die Vermeidung missbräuchlicher Einflussnahme bei der Willensbildung der Betreuten, das Gestalten von Transparenz bei der Umsetzung von Entscheidungen sowie Methoden der adressatengerechten Gesprächsführung und Konfliktlösung. Das lernen Sie nicht im juristischen Fachseminar.“
 
Gar keine Rolle spielen betriebswirtschaftliche und organisatorische Kompetenzen, die aus Sicht des BdB Gegenstand der Sachkunde sein sollten. Thorsten Becker: „Wir meinen, wer sich nicht professionell organisieren kann, ist auch nicht in der Lage, eine qualitative Betreuungsführung anzubieten, zumal ein Großteil der beruflichen Betreuer*innen bis zu 50 Betreuungen oder mehr führt. Es muss sichergestellt werden, dass die notwendigen organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Kompetenzen dafür vorhanden sind. Wir fordern in dieser Hinsicht Lösungsvorschläge.“
 
Der Verband bedauert, dass der Verordnungsentwurf kein Praktikum vorsieht. Der BdB empfiehlt, den erfolgreichen Abschluss eines Sachkundekurses mit dem erfolgreichen Absolvieren eines Praktikums z.B. in einem Betreuungsbüro zu verknüpfen.
 
Positiv sei allerdings zu bewerten, dass für den erfolgreichen Besuch eines jeden Moduls eine Erfolgskontrolle vorgesehen ist. Nach wie vor verfolgt der BdB das Ziel, ein Studium als Grundlage für den Beruf zu etablieren. So steht der Verband im Kontakt mit der Technischen Hochschule Deggendorf und der Hochschule Wismar, um gemeinsam einen Studiengang „Betreuung“ zu entwickeln, sagt Thorsten Becker: „Diese ‚Spezialstudiengänge‘ haben das Potenzial, alle Bedingungen eines Sachkundekurses zu erfüllen und zugleich als Hochschulstudium die Voraussetzungen für die höchste Vergütungsstufe zu erfüllen.“
 
Der BdB hält ein öffentliches Register oder ein Verzeichnis von zugelassenen Berufsbetreuer*innen für nötig. Der Verbandsvorsitzende nennt Gründe: „Ein Register ist auch für potenzielle Klient*innen ein wertvolles Instrument bei ihrer Suche nach einem geeigneten Betreuer. Umgesetzt werden sollte ein solches Verzeichnis im Rahmen eines Berufsregisters. Das Qualitätsregister, das der BdB seit Jahren nutzt, könnte als Vorbild dienen. Eine Datenbank, die für alle Beteiligten zumindest in Teilen einseh- und nutzbar ist, halten wir für einen richtigen Schritt. So können wir rechtliche Betreuung partizipativer, transparenter und offener gestalten. Und so nehmen wir die Beteiligung der Klient*innen im Sinne der ‚Unterstützten Entscheidungsfindung‘ ernst.“